Sommer 1995. Ich habe die Nacht im Auto verbracht. Am Flussufer einer mitteldeutschen Kleinstadt putze ich mir die Zähne. Zu Fuss sind es nur ein paar 100 Meter hinüber zur Universität. Meinen Zivildienst habe ich absolviert und es ist Zeit mich zu immatrikulieren. Hier. In dieser Stadt. Erstmal Philosophie. Das die aufdringlichen Typen im Foyer Füchse keilen, ist mir nicht bewusst und wäre mir auch nicht geheuer gewesen. Erledigt. Ich trete vor das Gebäude und atme tief glücklich durch. Bis das erste Semester beginnt, habe ich nun noch über 2 Monate Zeit. Marten und ich werden uns mit unseren Rucksäcken auf nach Schottland machen – das war vor 20 Jahren, kurze und längere Erinnerungen blitzen auf.

Blitz 1
Marten und ich sitzen im Eurolines-Bus nach London. Dort wollen wir ein paar Tage verbringen, um dann weiter nach Edinburgh zu reisen. Kurz vor der niederländischen Grenze ist der Ort Weener ausgeschildert. Marten übersetzt für mich spontan und trocken ins Englische: „Umgangssprachlich bedeutet Weener soviel wie Wixer, wußtest du das?“ Ich verneine. Wir lachen laut und ausgelassen. Eine gute Basis für eine lange gemeinsame Zeit, wie ich insgeheim befinde.
Wir kennen uns noch nicht allzu lange. Aber hey, im Garten seines Elternhauses befindet sich ein selbstangelegter Rasentennisplatz, alleine das hat mir schon mächtig imponiert.

Blitz 2
London. Ein Mehrbettzimmer in einem Hostel. Unsere Bettnachbarn kommen aus Griechenland und den Niederlanden. Die Griechen bringen uns einen angeblichen griechischen Zungenbrecher bei. In meiner Erinnerung ist er wie folgt abgespeichert: „Kapnos pandu pa Kapnos“. Es soll soviel wie „Rauch, ewiger Rauch“ bedeuten, aber die Internetrecherche bringt da keine eindeutigen Ergebnisse. Zumindest das Wort „Kapnos“ scheint richtig. Doch sei es drum. Vielleicht generieren sich ja so ganz neue Sprichwörter?

Einer der Niederländer drehte mir Rastalocken in die Haare.

Wir brachten ihnen im Gegenzug „Brautkleid bleibt Brautkleid und Blaukraut bleibt Blaukraut.“ bei und ich möchte nicht wissen, was im Laufe der Jahre im Kopf der beiden Griechen aus diesem deutschen Zungenbrecher geworden ist. Im Englischen bedeutet „Zungenbrecher“ übrigens „Tongue Twister“, eine Tatsache die ich seit jenem Moment verinnerlicht habe.
Einer der Niederländer dreht mir Rastalocken in die Haare. Alle weiteren Erinnerungen scheint mein Hirn gänzlich verschlossen zu haben. Aber ein Foto habe ich gefunden. (s. Impressionen)

Blitz 3
In Edinburgh sitzen wir in einem gemütlichen Pub an einem großen Tisch. Zuerst alleine. Dann setzten sich andere dazu. Weitere kommen. Andere gehen. Fluktuation. Ich erinnere mich an eine ausgelassene Stimmung und einen Moment des Innehaltens – ein Moment, in dem ich mich selbst von außen betrachte. Mich, einen sehr jungen Erwachsenen, unvollkommen neugierig, offensichtlich äußerlichen Stilmix-Kämpfen ausgeliefert, permanent unsicher selbstbewusst, doch kindlich-naiv mutig, unkonventionell und ungeübt englisch sprechend, doch voller Lebenslust kommunizierend. Was mache ich hier? Ich habe keine Antwort. Heute weiß ich, dass es eine Antwort war.

Vielleicht werfe ich mich selbst ins kalte Wasser?
Immer mal wieder, auch heute noch.
Des Thrills halber.

Als ich wieder mit voller Aufmerksamkeit am Tisch im Pub sitze, habe ich das Zeitgefühl verloren, doch es ist noch keine 23 Uhr. Der Lautstärkepegel hebt und senkt sich, ja er wogt geradezu auf und ab. Ich erinnere mich an kein Gesicht, an keinen Namen, aber ich erinnere mich daran, dass ich meine Stimme erhebe – keine Ahnung, woher die Intention,  keinen Schimmer, woher der Mut kommt. Vielleicht werfe ich mich selbst ins kalte Wasser? Immer mal wieder, auch heute noch. Des Thrills halber – Ich beginne zu zitieren:

„Don’t ask me why but I was walking down the streets of Fairfax, California and I saw this flyer hangin’ on a telephone pole and it said: Can god fill teeth?
That’s right! For a 10-Dollar-Donation you could see silver fillings turn to gold and other supernormal dental happenings.
New caps! Filled cavities! Bring a Flashlight and a mirror to observe. But wait a minute – didn’t I just read about how the cops are getting parents to plant bugging devices in their kids teeth so if they disappear they can track ‘em before they wind up on the backs of milk cartons and all that – And didn’t I read that these devices can go two-way and everything that I do or say is all goin’ on tape somewhere right now.
Planted in my cavities and they didn’t even tell me. No wonder every bad thing in and out of my mouth keeps winding up on my employment record. All those fillings. All those crowns. I’ll show them who’s boss of my big mouth.
Where’s the pliars? God dammit! Where’s the pliars?
Wilma! Where’d you put my electric drill?“

Das Intro aus „Can God Fill Teeth?“ war damals meine Lieblingspassage auf der Scheibe „The Last Temptation Of Reid“ und auch heute kann ich sie halbwegs sicher auswendig. Fragt mich nicht warum. Es ist einfach so. Ich erinnere mich an eine merkwürdige Reaktion am Tisch, denn es stellte sich heraus, dass fast alle Leute am Tisch für AK Press[1.AK Press ist ein internationaler Independent-Verlag und Buchvertrieb, der auf radikale und anarchistische Literatur spezialisiert ist. Er wird von einem Kollektiv betrieben, in dessen Besitz er auch ist. (s. Wikipedia)] arbeiteten und sie hatten Jello Biafra erst kürzlich persönlich kennenlernen dürfen. Zwecks einer geplanten Veröffentlichung besuchte er ihr Büro in Edingburgh.

Ich baute eine ungeplante Interessenbrücke. Herrlich. Das Wasser war gar nicht kalt, sondern angenehm warm.

 

Blitz 4
Am 12.09.1995 sollte Werder Bremen in der ersten Runde des UEFA-Cups bei Glenavon FC gastieren. Kurzerhand entscheiden wir uns, nach Nordirland überzusetzen. Wir trampen nach Stranraer und nehmen die Fähre über den Nordkanal nach Belfast. Die sehr besondere, manchmal etwas befremdliche Stimmung der nordirischen Hauptstadt wirkt auf uns ein. In einem großen Sportgeschäft versuchen wir Tickets für das Spiel am nächsten Tag zu bekommen. „Sure!“ Ob wir aus Deutschland kämen, werden wir gefragt.

„Ja.“ Sogleich werden wir gebeten, zum Geschäftsführer zu kommen. Ohne die geringste Ahnung, was er von uns möchte, nehmen wir in seinem Büro Platz. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie er aussah, aber er sitzt hinter seinem Schreibtisch und in meinem Kopf quillen Fragen auf.

Anscheinend leidet er unter einem themenbezogenen Rededefizit und wir müssen nun dafür herhalten.

Haben wir uns falsch verhalten? Beschuldigt er uns einer Straftat, die wir offensichtlich nicht begangen haben? Sind wir in eine Falle getappt? Aber hey, was will er denn bei uns holen? Ein paar Eurochecks? Will er mir meine brandneuen Rastalocken abschneiden, die ganz nebenbei ziemlich scheiße aussehen? Oder will er unsere mit Band-T-Shirts und getragenen Unterhosen vollgestopften Rucksäcke? Naja – vielleicht hat er einen muffigen Fetisch? Oder will er unser wasserdichtestes Zelt, das nur wasserdicht ist, wenn man es von innen nicht berührt? Die Außenwand eines 2-Mann-Zeltes nicht zu berühren, wenn die beiden Männer darin jeweils über 190 cm groß sind, ist verdammt verdammt schwer. Das funktioniert auf Dauer eigentlich nur mit der Löffelchen-Stellung und die war in beiderseitigem Einvernehmen nichts für uns. Deshalb besorgten wir uns bereits in Schottland bei einem Gebrauchtwagenhändler eine riesige grüne PKW-Abdeckplane, um sie nachts als zusätzlichen Schutz gegen eindringende Feuchtigkeit über das Zelt zu werfen. Die Idee war grundsätzlich großartig, denn in Großbritannien regnet es oft. Nur bekamen wir darunter relativ schlecht Luft und sie alleine wog mehr als das Zelt selbst. Und das hatten wir im Vorfeld unserer Reise extra neu gekauft, weil es so leicht war – übrigens bei Wertkauf in der Bremer Neustadt.
Also – ist der Besitzer des Sportladens eventuell scharf auf diese Plane, die wir nun schon seit einigen Wochen mit uns herumschleppen und die uns, trotz ihrer funktionalen und optischen Schwächen, einen richtig guten Dienst erweist? Vielleicht hat er ein neues Auto, für das er genau so eine Plane braucht?

Sein Räuspern reißt mich aus einem entstehenden Wust quälend quillender Fragen. Er beginnt zu erzählen. Von der Fußball-Weltmeisterschaft 1958 in Schweden. Genauer gesagt vom 15. Juni 1958. An diesem Tag fand in Malmö das Gruppenspiel zwischen Deutschland und Nordirland statt und es endete 2:2. Unentschieden! Ein sehr knapper Punktgewinn für Deutschland! Er gerät förmlich ins schwärmen, vor allem als er von Peter McParland spricht, dem gefürchteten nordirischen Torjäger und zweifachen Torschützen jenes Spiels. Er bietet uns etwas zu trinken an und holt Wasser. Eigentlich sehr nett, aber er ist nun sehr euphorisiert und fährt fort. Rahn und Seeler schossen die Tore für Deutschland. Habe ich nicht gewusst. Ich lasse mir aber nichts anmerken, vielleicht würden wir so schneller aus dieser mehr und mehr unangenehm werdenden Situation entkommen können. „Uns Uwe, Uns Uwe!“ Er kennt sogar Uwe Seelers heimischen Spitznamen! Anscheinend leidet er unter einem themenbezogenen Rededefizit und wir müssen nun dafür herhalten. Jetzt setzt er noch einen oben drauf, denn sein Vater war Teil dieser nordirischen Mannschaft. Eine durchaus interessante Familiengeschichte, aber warum erzählt er sie uns?

Der Inhaber des Sportgeschäftes wirkt plötzlich sehr entrückt auf mich. Die Situation ist skurril. Er springt auf und angelt einen sehr alten, mit Unterschriften übersäten Lederfußball von dem Regal hinter seinem Schreibtisch. Und nun endlich wird mir klar, warum wir hier sitzen. Er versichert uns hoch und heilig, es sei der Original-Spielball aus jenem Gruppenspiel zwischen Deutschland und Nordirland. Sein Vater hat ihn sich nach Abpfiff unter das Trikot gestopft und hinterher alle deutschen Spieler um Autogramme gebeten. Einige der Unterschriften kann er nicht zuordnen, aber er ist sich sicher, wir können das. Schließlich sind wir Landsleute. Ich muss schmunzeln.


Diese geile Scheibe gibt es bei:

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Nordirland gewann das entscheidende Spiel um Platz 2 in der Gruppe 1 später gegen die Tschecheslowakei mit 2:1, erzählt er weiter. Viertelfinale! Dort verloren sie dann 4:0 gegen Frankreich. Aber dennoch das beste Ergebnis, das eine nordirische Mannschaft jemals bei einer Fußball-Weltmeisterschaft erreicht hat, erzählt er weiter. Und Deutschland verlor dann im Halbfinale gegen Schweden. Jenes Spiel, infolgedessen die Schwedenplatte von der Speisekarte vieler deutscher Restaurants verschwand.

Wir konnten ihm leider nicht helfen. Heute würde ich wahrscheinlich das Telefon zücken und einen meiner 3 wandelnden Fußball-Lexika-Freunde anrufen. Noch wahrscheinlicher allerdings wäre, dass wir die Karten für das Fußballspiel bereits von der Fähre aus online vorbestellt und und somit den Sportladen-Besitzer gar nicht kennengelernt hätten.

Blitz 5
Marten steht in den Brombeeren. Ich laufe aus. Dann teilen wir die Welt unter uns auf.
Die Wetterlage ändert sich ständig, so dass die Brückenarbeiten ins Stocken geraten.
Zum Feierabend gönnen wir uns eine Tiefkühlpizza.

Blitz 6
Wir verlassen den Norden Großbritanniens und sitzen im Bus nach London. Nicht alle Plätze sind besetzt, so dass wir uns glücklicherweise ausbreiten können. Als großgewachsener Mensch können acht Stunden auf zwei Arschbacken in Summe schonmal zu einer Tortur werden. Erleichtert beziehe ich zwei Sitze auf der (in Fahrtrichtung) linken Seite, ungefähr in der Mitte des Reisebusses, Marten sitzt zwei bis drei Reihen hinter mir auf der rechten Seite. Im Heck des Vehikels befindet sich die Board-Toilette, die bereits seit Fahrtbeginn von einer jungen britischen Familie (Frau, Mann und Kleinkind) hochfrequentiert genutzt wird. Wickeln, waschen, pinkeln. Was auch immer. Sie belegen die beiden gegenüber gelegenen hintersten Sitzreihen im Bus. Ihr Verhalten ist zunächst familiär-unauffällig, dann ein wenig ungewöhnlich, später rätselhaft. Sie lacht laut los, für unseren Geschmack viel zu überzogen, wie wir mit Blicken kommunizierend befinden. Er nimmt ihr das Kind ab. Ihr ausgelassenes und überschwängliches Gehabe geht fließend in ein hysterisches Kreischen über. Sie sitzt auf der linken, er und das Kind auf der rechten Seite des Ganges. Sie schlägt über den Gang hinweg auf ihn ein und schreit dabei immer wieder: „He’s dying! He’s dying! He’s dying!“ Er hat sich kindschützend mit dem Rücken zum Gang positioniert, hält mit der einen Hand anscheinend das Baby, mit der anderen versucht er sich rücklings der Schläge seiner Frau zu erwehren. Ihm scheint der Kragen zu platzen. Er steht auf, beugt sich zu ihr hinunter und murmelt ihr aggressiv Unverständliches zu. Sie weicht zurück (aus meinem Sichtbereich) und erwidert aus der Defensive heraus, doch klar und deutlich: „But he’s dying!“ Mir schmerzt der Nacken und mich ärgert meine Neugier. Ich blicke zu Marten, der sich achselzuckend seine kunterbunten Ohrenstöpsel in die Ohren stopft und das wollene Stirnband über die Augen zieht. Die beiden haben sich offensichtlich darauf geeinigt die Sitze zu wechseln und es wird ruhig.

I don’t want your fucking chewin gum!

Ich drehe mich in Fahrtrichtung, spüre die Entspannung im Nacken und bereite mich ebenfalls auf ein kleines Nickerchen vor. Schließlich hatten wir in weiser Voraussicht auf eine lange Fahrt ein wenig vorgewacht, um unterwegs kein einfaches Opfer der Schlaflosigkeit zu werden. Ein oder zwei alkoholische Getränke waren sicherlich auch im Spiel, durchaus ein probates Mittel, Lider zu beschweren. Wir waren abends zuvor von einem Hostelmitarbeiter unserer Unterkunft in Edinburgh zu einer Privatparty eingeladen worden. Dicht an dicht drängten sich die Gäste in der WG. Getränke gab es reichlich. Noch reichlicher gab es aber Sellerie-Stangen und Dips. Noch jetzt schmecke ich den Sellerie und die Dips. Als sich die Wohnung langsam leerte, meinte einer der übrig gebliebenen Gäste, den Küchentisch mit einer gekonnten Armbewegung von Flaschen und Sellerie-Snacks zu befreien. Ein lautes Klirren lockte alle in die Küche. Athletisch sprang er auf den Tisch und begann darauf zu tanzen. Erst jetzt wurde uns klar, dass er einen Pelzmantel und nichts darunter trug. Höchste Zeit für uns, zu gehen.

Kurz bevor ich vollends hinwegschlummere werde ich von einem nun noch hysterischeren Gejammer aufgeschreckt. Ich blicke den Gang zurück in das Heck des Busses. Der Kopf der Frau ragt seitlich auf Höhe der Sitzfläche in den Gang. Sie sitzt offensichtlich auf dem Boden zwischen Sitz und Vorderlehne und schreit: „I’m stuck! I’m stuck! I’m stuck!“

In diesem Moment sehe ich, wie Marten erwacht, seine Augen vom Stirnband befreit und sich die Stöpsel aus den Ohren friemelt. Er dreht sich ebenfalls um und schaut nach hinten. Dabei hält er die bunten Ohrenstöpsel zwischen Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand. Dann fragt er die Frau: „Do you need help?“ Sie hält kurz inne und erwidert krakeelend: „I don’t want your fucking chewin gum! I don’t want your fucking chewing gum! I don’t want your fucking chewing gum!“

 

Impressionen

 

Nachwort
Für das Verschwinden der Schwedenplatte von den Speisekarten vieler deutscher Restaurants war seinerzeit tatsächlich das Halbfinale zwischen Deutschland und Schweden verantwortlich. Nach der „Schlacht von Göteburg“ fühlte sich die deutsche Öffentlichkeit unfair behandelt. Dem schwedischen Team wurde überhartes Einsteigen vorgeworfen, schwedische Einpeitscher mit Megaphonen heizten angeblich die anti-deutsche Stimmung im Stadion an, man bemängelte einen fragwürdigen Platzverweis von Erich Juskowiak und nicht zuletzt war ein ungarischer Unparteiischer das Spielleiter angesetzt. Brisant. Schließlich war Deutschland amtierender Weltmeister und hatte 4 Jahre zuvor mit dem legendären Sieg im Wankdorfstadion zu Bern Fußball-Ungarn in eine Tiefe Krise befördert. Bei der WM 1958 war Ungarn ohne ihre republikflüchtigen Stars bereits im Entscheidungsspiel um den Gruppenplatz 2 gegen Wales ausgeschieden.

Bremen gewann das Spiel in Belfast übrigens dank Toren von Rodolfo Esteban Cardoso und Angelo Vier mit 0:2.

„The Last Temptation Of Reid“ ist Erinnerungsplatzhalter für diese Reise, auch wenn sie 1995 schon 5 Jahre alt war. Sie hat dadurch für mich einen hohen emotionalen Wert. Aber auch musikalisch ist sie durchaus interessant. Neben Metal, Punk, Hardcore und Indierock gab es damals auch noch EBM (aus Industrial hervorgegangen). Da gab es Bands wie Front 242, Nitzer Ebb, Skinny Puppy oder Front Line Assembly – die machten einen Sound, der mir unsagbar schräg vorkam und billig, weil er nicht richtig selbstgemacht war. Doch als dann in der Schule von ersten eigenen Gehversuchen mit elektronischer Musik die Rede war, auf dem Atari ST mit Cubase ein Sequencer auf Home-PCs lief und Bands wie Ministry und Lard Metal-Riffs mit computergenerierten Klängen und Beats kombinierten, wurde diese Sparte für mich zugänglich. Lard besaß eine unglaublich komprimierte Kraft, die ich bis dato noch nicht kannte und die ich auch bis heute noch spüre. Nehmen wir z.B. Forkboy, den ersten Song auf dem Album – das Bass-Intro baut eine immense Spannung auf, die sich dann in einem wahnsinnigen Tempo entlädt, dabei aber sehr klar bleibt und kaum verschwimmt.

Besonders zu erwähnen ist das Cover Artwork von Winston Smith, einem Künstler, der sehr viel mit Jello Biafra, den Dead Kennedys und dem Label Alternative Tentacles zusammenarbeitete. Sein collagenartiger 50’s Stil prägte dieses Umfeld stark.

Und hier gibt es noch ein wunderbares Fundstück – die Metalband Flotsam & Jetsam covered Forkboy von Lard.

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